Acrylamid: Eine unsichtbare Gefahr auf unseren Tellern
Acrylamid – ein Begriff, der für viele wie ein Fremdwort klingt, verbirgt eine der potenziell gefährlichsten Substanzen in unserer modernen Ernährung. Dieses chemische Nebenprodukt entsteht bei der Zubereitung von Lebensmitteln, wenn stärkehaltige Nahrungsmittel wie Kartoffeln oder Getreide bei hohen Temperaturen über 120 °C gebraten, gebacken oder geröstet werden. Der Prozess, der die knusprige, goldbraune Kruste erzeugt, die wir so lieben, ist zugleich der Moment, in dem Acrylamid entsteht – ein Stoff, der das Potenzial hat, unsere Gesundheit massiv zu gefährden.
Warum Acrylamid so gefährlich ist
Acrylamid wird von Wissenschaftler*innen als potenziell krebserregend eingestuft. Tierversuche haben gezeigt, dass die Substanz DNA-Schäden verursachen und das Wachstum von Tumoren fördern kann. Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass Acrylamid in der EU und den USA als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ klassifiziert wurde. Dabei ist die Liste möglicher Gesundheitsrisiken lang: Acrylamid steht im Verdacht, neurologische Schäden zu verursachen, die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen und chronische Entzündungen zu fördern.
Die Unsichtbarkeit von Acrylamid in der Lebensmittelkennzeichnung
Eine der beunruhigendsten Fragen lautet: Warum taucht Acrylamid nicht auf den Inhaltsstoffangaben von Lebensmitteln auf? Der Grund dafür liegt in der Art und Weise, wie es entsteht. Acrylamid wird nicht als Zutat zugesetzt, sondern bildet sich während des Erhitzungsprozesses – etwa beim Backen von Brot, beim Rösten von Kaffee oder beim Frittieren von Pommes frites. Da es nicht als absichtlicher Bestandteil des Produkts gilt, entfällt die Pflicht zur Kennzeichnung. Das bedeutet: Verbraucher*innen können kaum nachvollziehen, wie viel Acrylamid in einem Produkt steckt.
Die Maillard-Reaktion: Der Schlüssel zu Geschmack und Farbe
Die Maillard-Reaktion ist ein chemischer Prozess, der beim Erhitzen von Lebensmitteln ab etwa 120 °C stattfindet und eine der wichtigsten Reaktionen in der Lebensmittelzubereitung darstellt. Sie wurde nach dem französischen Chemiker Louis-Camille Maillard benannt, der die grundlegenden Mechanismen dieses Phänomens 1912 beschrieb.
Wie funktioniert die Maillard-Reaktion?
Die Reaktion tritt ein, wenn Aminosäuren (die Bausteine von Proteinen) mit reduzierenden Zuckern (wie Glucose oder Fructose) unter Hitzeeinwirkung reagieren. Dabei entstehen eine Vielzahl neuer chemischer Verbindungen, die für die braune Färbung, den intensiven Geschmack und die charakteristischen Aromen von gebratenen, gerösteten oder gebackenen Speisen verantwortlich sind. Dieser Prozess wird oft mit dem Karamellisieren verwechselt, jedoch handelt es sich hierbei um zwei unterschiedliche chemische Vorgänge – die Karamellisierung betrifft ausschließlich Zucker, während die Maillard-Reaktion Zucker und Aminosäuren erfordert.
Wo tritt die Maillard-Reaktion auf?
- Beim Rösten: Kaffee, Kakao oder Nüsse entwickeln durch diese Reaktion ihre typischen Aromen.
- Beim Backen: Brot, Kuchen und Kekse bekommen ihre goldene Farbe und köstlichen Geschmack.
- Beim Braten: Fleisch bildet eine braune Kruste, die voller Geschmack steckt.
- Bei Pommes frites: Die knusprige Hülle entsteht ebenfalls durch die Maillard-Reaktion.
Die Schattenseite der Maillard-Reaktion
Obwohl die Maillard-Reaktion viele kulinarische Vorteile bietet, birgt sie auch Risiken. Unter bestimmten Bedingungen – insbesondere bei hohen Temperaturen über 180 °C – entstehen unerwünschte Nebenprodukte wie Acrylamid, das als potenziell krebserregend gilt.
Welche Krankheiten können durch Acrylamid ausgelöst werden?
Langfristige Belastung durch Acrylamid kann ein Risiko für verschiedene schwere Erkrankungen darstellen:
- Krebs: Acrylamid wird mit verschiedenen Krebsarten in Verbindung gebracht, darunter Magen-, Darm- und Nierenkrebs.
- Neurologische Erkrankungen: Studien deuten darauf hin, dass Acrylamid die Funktion von Nervenzellen beeinträchtigen kann, was zu neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer beitragen könnte.
- Hormonelle Störungen: Der Stoff kann die Schilddrüsenfunktion beeinflussen und den Hormonhaushalt stören.
- Fruchtbarkeitsprobleme: Untersuchungen haben gezeigt, dass Acrylamid die Fruchtbarkeit bei Männern und Frauen beeinträchtigen kann.
Wie können wir Acrylamid vermeiden?
Auch wenn wir Acrylamid nicht vollständig aus unserer Ernährung eliminieren können, gibt es Möglichkeiten, die Belastung zu reduzieren:
- Schonende Zubereitung: Vermeide Temperaturen über 200 °C und setze stattdessen auf Dämpfen, Kochen oder schonendes Backen.
- Goldgelb statt dunkelbraun: Lass Kartoffelprodukte wie Pommes oder Rösti nur so lange braten, bis sie goldgelb und nicht dunkelbraun sind.
- Wässern von Kartoffeln: Spüle Kartoffeln vor der Zubereitung gründlich oder lege sie in Wasser ein, um den Zuckergehalt zu senken, der die Acrylamidbildung begünstigt.
- Vollkornprodukte bevorzugen: Gebäck oder Brot aus Vollkorn enthält oft weniger Acrylamid als Weißmehlprodukte.
- Industrielle Produkte meiden: Fertigprodukte wie Chips oder Kekse enthalten oft hohe Mengen an Acrylamid. Selbstgemachte Alternativen sind meist gesünder.