Die Schönheit des Augenblicks: Warum wir den Wert der Dinge oft erst schätzen, wenn sie fehlen
In unserer modernen, schnellen Welt nehmen wir oft vieles als selbstverständlich hin. Viele von uns leben im Glauben, dass die Menschen, Fähigkeiten und Dinge, die uns umgeben, stets vorhanden sein werden – ein Denken, das oft erst aufbricht, wenn uns etwas oder jemand verloren geht. Erst in der Abwesenheit begreifen wir den wahren Wert von dem, was wir einmal hatten. Sei es unser eigener Körper, unsere Beweglichkeit oder die Menschen, die uns am Herzen liegen – die Einsicht, wie kostbar all das ist, stellt sich oft erst ein, wenn es zu spät ist.
Die Kostbarkeit des Körpers: Gehen, Tanzen, Leben
Unser Körper ist eines der wertvollsten Geschenke, die wir besitzen, doch wie häufig nehmen wir ihn als selbstverständlich hin. Wir stehen auf, gehen, laufen und tanzen, oft ohne darüber nachzudenken, welche Wunder unser Körper vollbringt. Erst wenn uns eine Krankheit, Verletzung oder das Alter an diese Fähigkeiten hindert, verstehen wir, wie viel Freude und Freiheit uns die Beweglichkeit ermöglicht hat.
Tanzen ist ein schönes Beispiel dafür. Wenn wir tanzen, erleben wir die Freiheit unseres Körpers und die Kraft der Bewegung. Doch nur wenige von uns nehmen sich bewusst Zeit, diese Fähigkeit zu schätzen. Erst in dem Moment, in dem unser Körper uns die Bewegung nicht mehr erlaubt, empfinden wir die Leere und erkennen, wie wertvoll dieser Ausdruck der Lebendigkeit war. Die Fähigkeit zu gehen, zu tanzen und uns frei zu bewegen, ist ein Geschenk, das wir oft erst dann richtig verstehen, wenn es uns nicht mehr zur Verfügung steht.
Der Verlust geliebter Menschen: Ein schmerzlicher Weckruf
Auch die Menschen um uns herum nehmen wir oft als gegeben hin. Wir leben, lachen und weinen mit ihnen, gehen davon aus, dass sie immer für uns da sein werden. Doch wenn ein geliebter Mensch uns verlässt – sei es durch Distanz oder den Tod – trifft uns die Erkenntnis, wie sehr wir ihn geschätzt haben, mit voller Wucht. Die Worte, die nicht gesagt wurden, die Zeit, die man hätte zusammen verbringen können, all das wird zu schmerzlichen Erinnerungen und verpassten Gelegenheiten.
Die Beziehung zu den Menschen, die uns am Herzen liegen, ist etwas, das wir niemals als selbstverständlich hinnehmen sollten. Doch gerade in der Alltäglichkeit vergessen wir, dass jeder Moment mit ihnen einzigartig und unwiederbringlich ist.
Viktor Frankl und die Bedeutung des Augenblicks
Der Neurologe und Psychiater Viktor Frankl, der den Holocaust überlebte und dabei tiefe Einsichten in die menschliche Existenz gewann, sagte: „Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unser Wachstum und unsere Freiheit.“ Frankl spricht hier von der Freiheit, wie wir auf die Realität um uns herum reagieren und wie wir darin Sinn finden können – selbst in den dunkelsten Momenten.
Frankls Erkenntnis erinnert uns daran, dass das Bewusstsein über den Wert der Dinge und Menschen um uns herum eine bewusste Entscheidung ist. Wir haben die Freiheit, den Moment zu schätzen und die Schönheit der Gegenwart zu sehen, statt zu warten, bis uns das Leben zwingt, uns unserer Verluste bewusst zu werden.
Frankl, der in den extremsten Bedingungen seines Lebens einen Sinn und Wert für das Bestehende suchte, zeigte, dass Dankbarkeit nicht davon abhängt, wie viel wir haben, sondern davon, wie bewusst wir das erleben, was uns umgibt.
Alltägliches neu sehen: Was wir als selbstverständlich betrachten
Es gibt so viele Aspekte des Lebens, die wir nicht genügend würdigen:
- Gesundheit und Körper: So oft beschweren wir uns über kleine Wehwehchen oder Unvollkommenheiten, ohne uns der Tatsache bewusst zu sein, wie stark und wertvoll unser Körper ist, solange er funktioniert.
- Zeit und Freiräume: Unsere Freizeit und Momente der Ruhe nehmen wir oft hin, ohne zu sehen, wie wertvoll sie für unser Wohlbefinden sind. Wie schnell vergehen diese Zeiten und wie oft wünschen wir uns später, sie besser genutzt zu haben.
- Freundschaften und Familie: Wir gehen davon aus, dass die Menschen, die uns nahestehen, immer da sein werden. In Wirklichkeit ist die Zeit mit ihnen kostbar und endlich. Jeder Moment ist eine Chance, tiefe Verbindungen zu schaffen und Wertschätzung auszudrücken.
- Fähigkeiten und Freiheit: Wir haben die Fähigkeit zu denken, zu kreieren und zu lernen, und sind in der Lage, das Leben nach unseren Wünschen zu gestalten. Diese Freiheit ist ein Geschenk, das vielen Menschen weltweit nicht zur Verfügung steht.
Wie wir den Wert des Augenblicks zurückgewinnen können
Wenn wir uns bewusst machen, wie vergänglich alles ist, können wir das Leben mit mehr Tiefe und Dankbarkeit erleben. Hier sind einige Ideen, wie du beginnen kannst, den Moment wieder bewusst zu schätzen:
- Dankbarkeitsrituale einführen: Schreibe jeden Tag auf, wofür du dankbar bist – das können ganz alltägliche Dinge sein wie ein Spaziergang, ein Gespräch oder eine Mahlzeit. So lenkst du deine Aufmerksamkeit auf das, was du hast, statt auf das, was fehlt.
- Bewusste Gespräche: Anstatt beiläufige Gespräche zu führen, höre aktiv zu und sei wirklich bei der Person, mit der du sprichst. Es vertieft die Bindung und bringt mehr Wertschätzung für die Menschen um dich herum.
- Körperliche Bewegung bewusst erleben: Ob beim Gehen, Tanzen oder Sport, nimm dir Zeit, die Bewegungen deines Körpers zu spüren. Es erinnert dich daran, wie stark und lebendig du bist.
- Zeit in der Natur verbringen: Die Natur lehrt uns, die Einfachheit des Moments zu schätzen. Beobachte, wie sich das Licht ändert, die Vögel singen oder der Wind durch die Bäume weht – all das sind kleine Wunder, die uns oft entgehen.
Dankbarkeit als Schlüssel zur Fülle
Das Leben ist ein Geschenk, das in jedem Moment neu entdeckt werden kann. Wir sind in der Lage, unsere Wahrnehmung bewusst zu steuern und dem, was uns umgibt, Wert zu verleihen. Indem wir den Augenblick bewusst leben und nicht auf den Verlust warten, lernen wir, all das, was uns umgibt, wirklich zu schätzen. Viktor Frankls Worte über den Raum zwischen Reiz und Reaktion erinnern uns daran, dass es unsere Entscheidung ist, wie wir das Leben erleben und ob wir uns für Dankbarkeit und Liebe öffnen.
Es gibt nichts Wichtigeres, als im Hier und Jetzt zu sein und die Schönheit zu sehen, die uns umgibt. Mögen wir alle die Kraft finden, das Leben in seiner ganzen Fülle und Vergänglichkeit zu schätzen, bevor es uns zu spät bewusst wird.